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Entwicklung neutrophiler Granulozyten

Neutrophile Granulozyten: Bedeutung zu hohe oder zu niedrige Werte

Wir haben diesen Beitrag im laufenden Monat überprüft und die Beschreibungen teilweise aktualisiert.
Unsere Empfehlungen sind nach wie vor auf dem neuesten Stand. Letztes Updated am 6. September 2020

Diese Leukozyten leisten als »kleine Fresszellen« erste Hilfe bei Bakterien- und Pilzbefall: Sie schlüpfen durch die Wände selbst der kleinsten Blutgefäße ins Gewebe zu den Entzündungsherden. Sie kapseln die Erreger oder Fremdstoffe ein, machen sie mit einer »chemischen Keule« aus Enzymen unschädlich und verdauen sie. Schwangere und Raucher haben meistens höhere Werte.

neutrophiler Granulozyt

Normaler segmentkerniger neutrophiler Granulozyt mit segmentiertem Kern, scholligem Chromatin und zarter neutrophiler Granulation im Zytoplasma. © Quelle: Suttorp et al., Harrisons und Wikipedia

Junge (neutrophile) Granulozyten haben einen stabförmigen Kern, ausgereifte dagegen einen segmentförmigen. Bei vermehrter Produktion sind also mehr stabförmige Granulozyten vorhanden, man spricht dann von einer Linksverschiebung im Blutbild (bei den meisten Infektionskrankheiten, Entzündungen und Vereiterungen). Im Alter sind die Kerne übersegmentiert. Liegen davon zu viele vor, spricht man von einer Rechtsverschiebung. Diese deutet auf eine Störung der Leukopoese im Knochenmark hin.

  • 95% der Granulozyten, kaum anfärbbar
  • Nach Reifung 6-8 h im Blut, dann Auswanderung ins Gewebe (v.a. Schleimhäute)
  • Aufgabe: Phagozytose (danach sterben sie und werden zu Eiter)
ZellartLeukozytenzahlpro µl Blut
Normalwert4300–10.800/μl
Stabkernige (neutrophile) Granulozyten0 bis 4%150–400/μl
Segmentkernige (neutrophile) Granulozyten45 bis 74%4.800–7.900/μl
Eosinophile Granulozyten0 bis 7%50–750/μl
Basophile Granulozyten0 bis 2%15–200/μl
Lymphozyten16–45 %1.700–4.800/μl
Monozyten4–10 %400–1.000/μl

Die Reifung der neutrophilen Granulozyten

Die wichtigsten Stadien in der Entwicklung der Neutrophilen sind in Abbildung unten dargestellt. Normalerweise entwickeln sich die Neutrophilen nur im Knochenmark. Dabei beträgt die geschätzte Mindestanzahl von Stammzellen, die für die Erhaltung der Hämatopoese notwendig sind, etwa 400–500. Blutmonozyten, Gewebemakrophagen und Stromazellen bilden die Kolonie-stimulierenden Faktoren, welche für die Entwicklung von Monozyten und Neutrophilen notwendig sind. Es werden jedoch nicht nur ausreichend Neutrophile gebildet (~1,3 × 1011 Zellen täglich bei einer 80 kg schweren Person), um physiologische Funktionen aufrechtzuerhalten, sondern auch Reserven im Knochenmark bereitgehalten, die bei Entzündungen oder Infektionen mobilisiert werden können. Als Neutrophilie bezeichnet man eine Vermehrung und als Neutropenie eine Verminderung der Neutrophilen im Blut. Unter einer Linksverschiebung versteht man das Auftreten von unreifen Neutrophilen im Blut.

Entwicklung neutrophiler Granulozyten

Schematische Darstellung der Entwicklung neutrophiler Granulozyten,
ihrer Rekrutierung und der Entzündungsreaktion. Die vier Hauptsymptome
der Entzündung (Rubor, Tumor, Calor und Dolor) sind ebenso dargestellt wie die Interaktionen
von Neutrophilen mit anderen Zellen und Zytokinen. G-CSF = Granulocyte Colony
Stimulating Factor; IL = Interleukin; PMN = segmentkernige Granulozyten; TNF-α =
Tumor-Nekrose-Faktor α. © Quelle: Suttorp et al., Harrisons

Entwicklung der Neutrophile und Monozyten

Neutrophile und Monozyten entwickeln sich aus den hämatopoetischen (pluripotenten) Stammzellen unter dem Einfluss von Zytokinen und CSF (Abbildung unten). Die Proliferationsphase bis zu den Metamyelozyten dauert etwa eine Woche und die weitere Reifung bis zu den Segmentkernigen ebenfalls eine Woche. Der Myeloblast ist die erste Zelle der Granulopoese. Ihm folgt der Promyelozyt, welcher die primären oder azurophilen Granula enthält. Dabei handelt es sich um lysosomale Granula, die Hydrolasen, Elastase, Myeloperoxidase, Cathepsin G, kationische Proteine und bakterizide/permeabilitätssteigernde Proteine enthalten, welche gegen gramnegative Bakterien wirksam sind. Diese Granula enthalten außerdem cysteinreiche Defensine, die gegen Bakterien, Pilze und einige Viren wirksam sind.

Entwicklungsstufen Granulozyten

Aus dem Promyelozyten entwickelt sich der Myelozyt. Myelozyten synthetisieren spezifische bzw. sekundäre Granula mit einzigartigen (spezifischen) Bestandteilen wie Laktoferrin, Vitamin-B12-bindende Proteine und Membrankomponenten der Nikotinamidadenindinukleotidphosphat (NADPH)-Oxidase, welche für die Bildung von Wasserstoffperoxid wichtig sind. In ihnen findet man außerdem Histaminase, Rezeptoren für bestimmte Chemotaxine und adhäsionsfördernde Faktoren (CR3) sowie Rezeptoren für die Basalmembran-Komponente Laminin. Die Sekundärgranula enthalten keine sauren Hydrolasen und sind deshalb keine klassischen Lysosomen.

Die Verpackung der sekundären Granula während der Myelopoese wird von dem CCAAT/Enhancer-Bindungsprotein-ε vermittelt. Der Inhalt der Sekundärgranula wird schnell in den Extrazellulärraum abgegeben, was bei der Vermittlung von Entzündungsreaktionen wichtig ist. Während der letzten Phase der Reifung zum Metamyelozyten und danach zum stabkernigen Neutrophilen mit einem wurstförmigen Kern finden keine Zellteilungen mehr statt.

Neutrophile im Knochenmark

Schematische Darstellung der Entwicklung von Neutrophilen im Knochenmark. G-CSF (Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor) und GM-CSF (Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierender Faktor) sind für diesen Prozess unabdingbar. Für jedes Reifungsstadium sind typische zelluläre Charakteristika und spezifische Zelloberflächenmarker angegeben.
© Suttorp et al., Harrisons

Erhöhte neutrophile Granulozyten (Neutrophilie)

  • Infektionen mit Pilzen, Bakterien, Viren, Parasiten
  • Vergiftungen
  • Gichtanfall
  • Akuter Blutverlust, etwa nach Operationen
  • Medikamente wie Kortison, Lithium, Adrenalin
  • Hormone (Antibabypille)
  • Krebserkrankungen

Verminderte neutrophile Granulozyten (Neutropenie)

  • Bakterieninfektionen wie Typhus, Tuberkulose, Blutvergiftung
  • Virusinfektionen wie Grippe, Pfeiffersches Drüsenfieber, Masern, Mumps, Windpocken
  • Malaria
  • Autoimmunerkrankungen
  • Knochenmarksschädigung durch radioaktive Strahlen, Benzol oder Schwermetalle
  • Arzneimittelallergie
  • Medikamente wie Antibiotika, Antidiabetika, Malariamittel, Goldsalze zur Rheumatherapie
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Autoren & Experten:
Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Berlin. Facharzt Innere Medizin & Kardiologie, Lebenszeitprofessor i.R. der Charité Berlin. Geschäftsführender Vorstand der Berlin- brandenburgischen Gesellschaft für Herz- und Kreislauferkrankungen e.V.
Journalist: Horst K. Berghäuser


Literatur, Quellen und Verweise:
Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin
Thieme Verlag
Praktische Labordiagnostik - Lehrbuch zur Laboratoriumsmedizin, klinischen Chemie und Hämatologie
Grönemeyers Buch der Gesundheit
Hallesche Krankenversicherung

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