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Laboruntersuchungen

Diagnostik bei Laboruntersuchungen

Der häufigste Grund für die Anforderung von Laboruntersuchungen besteht darin, eine auf der Basis anderer klinischer Informationen (Anamnese, klinische Untersuchungsbefunde, bildgebende Diagnostik) erhobene Verdachtsdiagnose zu bestätigen oder zurückzuweisen. Hierbei müssen folgende Fragen Berücksichtigung finden: Welche Laboruntersuchungen können einen bestimmten klinischen Verdacht erhärten, bestätigen oder ausschließen? Was ist die im gegebenen Fall effektivste Stufendiagnostik?

Wird das klinische Bild durch ein positives Testergebnis (positiv im Sinne der vermuteten Erkrankung) bestätigt bzw. wird mit einem positiven Testergebnis die Diagnose definitiv gesichert? Und wird umgekehrt die vermutete Diagnose durch ein negatives Testergebnis ausgeschlossen und wenn ja, welche alternative Vorgehensweise/Teststrategie muss dann verfolgt werden? Welche Ursachen für falsch positive oder falsch negative Testresultate gibt es, und wie können solche Ergebnisse erkannt werden?

Das medizinische Labor im modernen Gesundheitssystem

Die Labordiagnostik ist Träger einer Schlüsselfunktion im Gesundheitssystem: Man schätzt, dass mindestens 60–70 % aller klinischen Entscheidungen zu einem gewissen Grad auf der Basis von Laborbefunden getroffen werden. Für viele Erkrankungen liefert das medizinische Labor die entscheidende diagnostische Information. So liefert die Histopathologie grundlegende Erkenntnisse über den histologischen Typ von Tumoren sowie über das Ausmaß der Invasion des Tumors in das benachbarte Gewebe. Der Nachweis infektiöser Mikroorganismen sowie deren Empfindlichkeit auf Antibiotika gelingt nur durch den Einsatz geeigneter mikrobiologischer Diagnostik.

Empfehlungen und Leitlinien zur Diagnostik und/oder Therapie vieler häufiger Erkrankungen basieren auf Laborkriterien oder geben Zielwerte bestimmter Laborparameter unter Therapie vor: Blutzucker- und HbA1c-Bestimmungen sind die Grundlage der Diagnostik des Diabetes mellitus, das Vorhandensein spezifischer Autoantikörper ist für die Diagnose vieler rheumatischer Erkrankungen entscheidend, und die kardialen Troponine bilden eine von drei Säulen in der Diagnostik akuter koronarer Syndrome.

Die ständig zunehmende Zahl und Bandbreite von Labortests gibt dem Kliniker ein leistungsfähiges Instrument an die Hand, er sieht sich jedoch vor die Herausforderung gestellt, die Tests in der jeweils zweckmäßigsten und kosteneffektivsten Weise für die Behandlung der Patienten auszuwählen.

Screening

Eine weitere Indikation von Labortests ist die Suche nach Erkrankungen bei noch asymptomatischen Individuen. Das wohl bekannteste Beispiel ist das heute in den meisten entwickelten Ländern etablierte Neugeborenenscreening. Damit werden behandelbare Erkrankungen, für die der Nutzen einer frühzeitigen therapeutischen Intervention gesichert ist, bei Neugeborenen noch vor dem Auftreten klinischer Symptome diagnostiziert. Bei Erwachsenen sind Laboruntersuchungen zum Screening auf Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen, Prostatakarzinom (Bestimmung des Prostata-spezifischen Antigens [PSA] im Serum) und Dickdarmkrebs (durch Nachweis von okkultem Blut im Stuhl) in vielen Ländern üblich, da eine frühe Diagnose und Behandlung die Langzeitergebnisse verbessert.

Unterschiede zwischen Such- und Bestätigungstests

Man unterscheidet zwischen Labortests, die zum Screening eingesetzt werden und solchen, die ein Resultat bestätigen. Such- bzw. Screeningtests sind preiswerter und leichter verfügbar als Bestätigungstests, die in der Regel eine spezialisierte Geräteausstattung und erfahrene Untersucher erfordern. Im Allgemeinen sind Suchtests so eingestellt, dass alle Personen, die an einer bestimmten Erkrankung leiden, auch entdeckt werden. Dabei wird in Kauf genommen, auch bei einigen Gesunden fälschlicherweise den Verdacht auf das Vorliegen einer Erkrankung zu äußern. Oder anders ausgedrückt: Die diagnostische Sensitivität (relativer Anteil der richtig positiven Messergebnisse im Kollektiv der Erkrankten) von Suchtests wird auf Kosten einer reduzierten diagnostischen Spezifität (Anteil der richtig negativen Messergebnisse, bezogen auf alle Gesunden) maximiert. Der nachfolgende Bestätigungstest unterscheidet dann korrekt zwischen einem richtig positiven (= erkrankt) und einem falsch positiven (= gesund) Suchtestergebnis.

Als Beispiel für ein solches Vorgehen soll das Screening auf eine Hepatitis-C-Infektion (HCV) erläutert werden. Im ersten Schritt wird das Patientenserum mit einem sensitiven Suchtest auf das Vorliegen von Anti-HCV-Antikörpern getestet. Ein positives Testergebnis belegt in der Regel entweder eine bestehende Infektion oder eine durch das Immunsystem des Patienten erfolgreich überwundene frühere Infektion. Im letzteren Fall können Anti-HCV-Antikörper persistieren und lebenslang nachweisbar bleiben. Zusätzlich ist bei einer kleinen Zahl von Patienten mit einem falsch positiven Ergebnis des Suchtests zu rechnen. Um hier Klarheit zu erlangen, muss ein positiver Nachweis von Anti-HCV-Antikörpern im serologischen Suchtest immer durch den Nachweis von Hepatitis-C-Virus-RNS mittels molekularbiologischer Techniken ergänzt werden. Mithilfe dieses Bestätigungstests können infizierte von nicht infizierten Patienten unterschieden werden.

Ermittlung von Krankheitsrisiken

Laboruntersuchungen werden auch zur Ermittlung des Risikos eines Patienten genutzt, in der Zukunft eine Erkrankung zu entwickeln. Für viele Erkrankungen besteht ein gesicherter Zusammenhang mit im Labor bestimmbaren Risikofaktoren, deren Präsenz häufigere Vorsorgeuntersuchungen erforderlich macht. Sinnvoll ist eine Risikoabschätzung vor allem dann, wenn Interventionsmöglichkeiten existieren, die das Erkrankungsrisiko reduzieren. So ist die Hypercholesterinämie als gesicherter Risikofaktor der koronaren Herzkrankheit pharmakotherapeutisch beeinflussbar. Viele genetische Mutationen sind mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert, wie z. B. vererbbare Mutationen in den BRCA1- und BRCA2-Genen, die für Mammaund/oder Ovarialkarzinom prädisponieren. Trägerinnen solcher Mutationen werden häufigere und intensivere Vorsorgeuntersuchungen empfohlen; einige Patientinnen unterziehen sich sogar einer vorbeugenden Mastektomie, um die Krebsentwicklung zu verhindern. Individuen mit einer Faktor-V-Leiden-Mutation haben ein erhöhtes Risiko für eine tiefe Venenthrombose und profitieren von einer prophylaktischen perioperativen Antikoagulation.

Überwachung von Krankheitsverlauf und Therapie

Viele Laborparameter liefern wertvolle Informationen über die Progression einer Erkrankung und über das Ansprechen auf eine Therapie. Als Beispiel soll hier die Rolle der Viruslastbestimmung bei Patienten mit einer HIV-Infektion unter antiretroviraler Therapie genannt werden. Entsprechend der Leitlinie der Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG) und der Österreichischen AIDS-Gesellschaft sollte die Plasmavirämie innerhalb der ersten 4 Wochen nach Therapiebeginn um mindestens 2 log10 abfallen und nach 3–4, spätestens nach 6 Monaten unter die Nachweisgrenze von 20–50 HIV-RNA-Kopien/ml gesunken sein. Andere Beispiele von Labortests zur Verlaufskontrolle sind Bestimmungen von Tumormarkern, wie PSA, insbesondere nach chirurgischer Tumorresektion. In dieser Situation erwartet man nach erfolgreicher Therapie ein rasches Absinken der Konzentration des Tumormarkers. Ein späterer Wiederanstieg wird als Hinweis auf ein Rezidiv oder Metastasierung gewertet. Außerdem bietet das Labor auch die Möglichkeit der direkten Spiegelbestimmung einiger Medikamente (therapeutisches Drug Monitoring [TDM]).

TDM spielt eine besondere Rolle beim Einsatz von Wirkstoffen mit geringer therapeutischer Breite, das heißt vor allem dann, wenn bereits knapp oberhalb eines schmalen therapeutischen Bereiches toxische Effekte auftreten können und unterhalb dieses Bereiches die Arzneimittelwirkung nicht mehr gegeben ist. Spiegelbestimmungen erlauben eine Therapiesteuerung durch optimale Dosierung unter Vermeidung toxischer Nebenwirkungen.