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Diagnostisches Vorgehen bei Hyponatriämie

Hyponatriämie – zu viel Wasser und Salz im Körper

Wir haben diesen Beitrag im laufenden Monat überprüft und die Beschreibungen teilweise aktualisiert.
Unsere Empfehlungen sind nach wie vor auf dem neuesten Stand. Letztes Updated am 9. Juli 2018

Die Hyponatriämie ist die häufigste Elektrolytstörung. Fast immer ist sie die Folge eines Überschusses des Körperwasseranteils in Relation zum Körpersalzgehalt infolge einer sowohl adäquaten als auch inadäquaten Freisetzung des antidiuretischen Hormons Arginin-Vasopressin (AVP). Die akute und die chronische Hyponatriämie können sich klinisch manifestieren, wenngleich die Symptome hier oft unspezifischer und weniger schwerwiegend sind.

Die Ursachen der Hyponatriämie sind vielfältig. Präzise differenzialdiagnostische Überlegungen sind wichtig, da die Behandlungsstrategie sich hiervon ableitet. Sie besteht neben der kausalen Therapie meist in der Gabe von Flüssigkeitsvolumen, Flüssigkeitsrestriktion oder der Gabe hypertoner Flüssigkeit. Zudem werden zur Behandlung der chronischen Hyponatriämie vermehrt AVP-Rezeptor-2-Antagonisten eingesetzt, die sogenannten Vaptane.

Zusammenfassung
Die Hyponatriämie ist die häufigste Elektrolytstörung mit oft verheerend verlaufenden Komplikationen. Sowohl die Hyponatriämie selbst als auch ihre inadäquate Behandlung kann zu ausgeprägten Morbiditäten führen und erhöht das Mortalitätsrisiko betroffener Patienten. Der vorliegende Artikel stellt neue veröffentlichte Erkenntnisse auf diesem Gebiet vor und beleuchtet sie vor dem Hintergrund der Europäischen Praxisleitlinie.

Störungen des Wasser- und Natriumhaushalts

Veränderungen des Extrazellulärvolumens können mit normaler (isoton), verminderter (hypoton) und erhöhter (hyperton) Natriumkonzentration einhergehen. Der iso- tone Volumenmangel mit Verlust isotoner Flüssigkeit des Extrazellulärraums tritt bei Blutverlust, Erbrechen, Durchfall, polyurischem Nierenversagen und Sequestierung von Flüssigkeit in den dritten Raum auf (Ergüsse bei Peritonitis oder Pankreatitis) auf. Beim isotonen Volumenüberschuss liegt eine Ödembildung aufgrund Einlagerung isotoner Flüssigkeit in den Extrazellulärraum bei Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, nephrotischem Syndrom oder Niereninsuffizienz vor. Für beide isotonen Veränderungen sind Na+, CP und Osmolarität im Serum sowie intrazelluläres Volumen normal.

Bei Hyponatriämie sind Intra- und Extrazellulärraum fast immer hypoton. Klinisch relevante Hyponatriämien sind mit < 130mosmol/l und schwere Hyponatriämien mit < 120 mosmol/1 definiert. Die daraus resultierende Wasserverschiebung in den Intrazellulärraum kann zur Hirnschwellung mit neurologischer Symptomatik (Verwirrtheit, Koma, Krämpfe) führen. Ausnahmen bilden Hyponatriämien mit normaler oder erhöhter Osmolarität aufgrund der Vermehrung osmotisch aktiver Substanzen im Serum. Hierzu zählen Sorbitol, Mannitol, Glukose, Harnstoff, Triglyceride und Proteine.

Ein Maß hierfür ist die „osmotischen Lücke“:

Osmotische Lücke = Osmolaritätggemessen – Osmolaritätberechnetberechnet
(Referenzbereich < 6 mosmol/kg H20)

Die „berechnete Osmolarität“ ist wie folgt definiert (Konzentrationen in mmol/1):

Osmolaritätberechnei (mosmol/kg H20) = 2 x Na + K + Glukose + Harnstoff

Bei Werten > 6 mosmol/kg H20 spricht man von einer vergrößerten osmotischen Lücke.

Zusammenfassung Hyponatriämien
Eine Akkumulation von osmotisch aktiven Substanzen im Plasma, die nicht zur berechneten Osmolarität beitragen (Sorbitol, Mannitol, Ethanol), führt zu einer vergrößerten osmotischen Lücke. Ein Anstieg der Glukose- (Diabetes mellitus) oder Harnstoffkonzentration (Niereninsuffizienz) führt zur Erhöhung der Osmolarität; die osmotische Lücke ist normal.

Die von einer Hypernatriämie begleiteten Veränderungen bedeuten immer, dass der Extra- und der Intrazellulärraum hyperton sind. Hier kann eine zu schnelle Absenkung der Natriumkonzentration durch therapeutische Maßnahmen zum Wassereinstrom in die Zellen führen. Aufgrund der daraus resultierenden Vergrößerung des Zellvolumens besteht dann die Gefahr eines Hirnödems.

Was muss man bei einer Elektrolytstörung beachten?

Die Hyponatriämie, definiert als eine Natriumkonzentration im Plasma von weniger als 135 mmol/l, ist eine sehr häufige Störung, die bei bis zu 22 % aller stationär behandelten Patienten auftritt. Sie ist fast immer Folge einer Zunahme der ADH-Konzentration im Blut und/ oder einer vermehrten renalen Sensibilität für ADH bei gleichzeitiger Zufuhr von freiem Wasser.

Bei den meisten Patienten mit Hyponatriämie liegt also ein Überschuss an freiem Wasser und nicht ein Natriummangel vor. Daher macht die alleinige Zufuhr von Natrium in diesen Fällen keinen Sinn, da ja kein Natriummangel, sondern ein Wasserüberschuss besteht. Eine wichtige Ausnahme ist die Hyponatriämie durch die Aufnahme von zu wenigen gelösten Stoffen (siehe unten) bzw. durch renale Salzverluste wie bei primärer Nebenniereninsuffizienz. Nur in diesen Fällen ist die Gabe von Kochsalz pathophysiologisch sinnvoll. Die Pathophysiologie der übermäßigen oder unangemessenen ADH-Reaktion unterscheidet sich bei Patienten mit Hyponatriämie abhängig vom EZFV. Daher wird die Hyponatriämie abhängig von Anamnese und Volumenstatus diagnostisch in drei Gruppen eingeteilt: die hypovolämische, die euvolämische und die hypervolämische Hyponatriämie (Abbildung unten). Diese Einteilung ist für das Verständnis und die Therapie der Hyponatriämie essenziell: Bei der hypovolämischen Form liegt ein echter Natriummangel vor, bei der euvolämischen Form ist das Gesamtkörpernatrium in etwa ausgeglichen und bei der hypervolämischen Form besteht sogar eine Erhöhung des Gesamtkörpernatriums.

Diagnostisches Vorgehen bei Hyponatriämie

Wie kann der Arzt Hyponatriämie behandeln?

Die auslösende Ursache der Hypernatriämie sollte behoben oder korrigiert werden, wie Medikamente, Hyperglykämie, Hyperkalzämie, Hypokaliämie oder Durchfall. Das Vorgehen bei der Korrektur der Hypernatriämie ist in der Aufstellung unten zusammengefasst. Wichtig ist die langsame Korrektur der Hypernatriämie, um ein Gehirnödem zu vermeiden; angestrebt werden sollte ein Ausgleich des berechneten Defizits an freiem Wasser über 48 Stunden. Die Natriumkonzentration im Plasma sollte um nicht mehr als 10 mmol/d korrigiert werden, was bei schwerer Hypernatriämie (> 160 mmol/l) länger als 48 Stunden dauern kann. Eine seltene Ausnahme ist die akute Hypernatriämie (< 48 h) durch Salzüberladung, die gefahrlos rasch mit einer Geschwindigkeit von 1 mmol/h korrigiert werden kann. Die Wassergabe sollte am besten oral oder über eine Magensonde erfolgen, da dies die direkteste Möglichkeit zur Aufnahme von freiem Wasser ist, also Wasser ohne Elektrolyte. Alternativ ist die intravenöse Applikation von freiem Wasser in Form von Glukoselösungen möglich, wie Glukose 5 %. Dabei muss der Blutzucker überwacht werden, um eine Hyperglykämie zu vermeiden. Abhängig von der Anamnese, dem Blutdruck oder dem klinischen Volumenstatus kann die initiale Gabe von hypotoner Kochsalzlösung (1/4 oder 1/2 der physiologischen Kochsalzlösung) indiziert sein. Physiologische Kochsalzlösung ist ungeeignet, sofern keine ausgeprägte Hypotonie oder sehr schwere Hypernatriämie besteht, bei der physiologische Kochsalzlösung hypotoner ist als das Plasma.

Management der Hypernatriämie

Wasserdefizit

  1. Schätzung des Gesamtkörperwassers (GKW): 50 % der Körpergewichts bei Frauen und 60 % bei Männern
  2. Berechnung des Defizits an freiem Wasser: {([Na+] – 140)/140} × GKW
  3. Ersetzen des Defizits über 48–72 h, wobei die Natriumkonzentration im Plasma um nicht mehr als 10 mmol/24 h steigen darf.

Persistierende Wasserverluste

4. Berechnung der Clearance für elektrolytfreies Wasser, CeH2O: CeH2O = V (1 − UNa+ + UK)/PNa wobei gilt: V = Urinvolumen, UNa = Urin [Na+], UK = Urin [K+] und PNa = Plasma [Na+]

Perspiratio insensibilis

5. ~10 ml/kg/d: weniger bei Beatmung, mehr bei Fieber

Gesamt

6. Komponenten addieren, um das Wasserdefizit und persistierende Wasserverluste zu ermitteln; Korrektur des Wasserdefizits über 48–72 h und Ersatz der täglichen Wasserverluste. Korrektur des Plasma-[Na+] um > 10 mmol/d vermeiden.

Anhand der Urinclearance von elektrolytfreiem Wasser (Auflilstung oben) lässt sich bei nephrogenem oder zentralem Diabetes insipidus der tägliche, persistierende Verlust von freiem Wasser abschätzen, der täglich ausgeglichen werden muss.

Bei Therapie und Diagnostik dieser komplexen Störung werden leider häufig viele Fehler gemacht, die in der Regel auf der falschen Annahme beruhen, dass einer Hyponatriämie in der Regel ein Natriummangel zugrunde liegt. Dies trifft jedoch nur für die eher seltene hypovolämische Form zu. In den meisten Fällen zeigt die Hyponatriämie jedoch einen Wasserüberschuss an, das Natrium ist in diesen Fällen in zu viel Wasser „verdünnt“. Die einfache klinische Einteilung in euvolämische und hypervolämische Formen hilft sehr schnell bei der ätiologischen Zuordnung. Leider wird allzu häufig in Unkenntnis der Pathophysiologie auch bei der hypervolämischen und der euvolämischen Form zunächst NaCl (als Tabletten, Infusionen oder salzhaltige Speisen) verabreicht, um den vermeintlichen Natriummangel zu beheben.

Dieses Vorgehen ist leider grundfalsch und kann zudem den Patienten vital gefährden. Daher muss man – trotz aller Dringlichkeit – zunächst immer den Volumenstatus des Patienten und damit die Ätiologie der zugrunde liegenden Störung erfassen, bevor man mit einer Therapie beginnt.

Die Therapie der Hyponatriämie

Die Therapie der Hyponatriämie beruht auf drei wichtigen Überlegungen. Erstens werden die Dringlichkeit und die Ziele der Therapie vom Vorhandensein von Symptomen und/oder deren Schwere bestimmt. Die Symptome bei akuter Hyponatriämie (Tab. 63-2) reichen von Kopfschmerzen, Übelkeit und/oder Erbrechen bis hin zu Krampfanfällen, Bewusstseinsstörungen und zentraler Einklemmung. Bei einer chronischen Hyponatriämie, die seit mehr als 48 Stunden besteht, sind schwere Symptome seltener. Zweitens besteht bei chronischer Hyponatriämie die Gefahr eines osmotischen Demyelinisierungssyndroms (ODS), auch als pontine Myelinolyse bezeichnet, wenn die Natriumkonzentration im Plasma in den ersten 24 Stunden um > 8–10 mmol/l angehoben wird und/ oder in den ersten 48 Stunden um mehr als 18 mmol/l.

Drittens ist die Reaktion auf Interventionen wie die Gabe von hypertoner oder physiologischer Kochsalzlösung und Vasopressinantagonisten schwer vorherzusehen, sodass begleitend zur korrigierenden Therapie eine engmaschige Überwachung der Natriumkonzentration im Plasma zwingend erforderlich ist. Nachdem die Dringlichkeit einer Korrektur der Natriumkonzentration im Plasma ermittelt und eine entsprechende Therapie eingeleitet worden ist, sollte der Fokus auf der Behandlung oder Behebung der auslösenden Ursache liegen. Bei Patienten mit euvolämischer Hyponatriämie bei SIADH, Hypothyreose oder sekundärer Nebenniereninsuffizienz steigt die Natriumkonzentration im Plasma nach erfolgreicher Behandlung ihrer Grunderkrankung.

Allerdings sind nicht alle Ursachen des SIADH sofort reversibel, sodass pharmakologische Maßnahmen zur Anhebung der Natriumkonzentration im Plasma erforderlich sind (siehe unten). Die hypovolämische Hyponatriämie (d. h. nur bei Störungen mit einer Reduktion des Gesamtkörpernatriums ist die Gabe von Kochsalzlösungen sinnvoll) spricht auf die intravenöse Hydrierung isotoner physiologischer Kochsalzlösung an, indem die ADH-Konzentration rasch sinkt und eine starke Wasserdiurese einsetzt. Bei Hinweis auf eine chronische Hyponatriämie, die seit mehr als 48 Stunden bestand, muss die Korrektur oft langsamer erfolgen (siehe unten). Die hypervolämische Hyponatriämie durch eine Stauungsherzinsuffizienz spricht oft auf eine bessere Therapie der zugrunde liegenden Kardiomyopathie an, z. B. auf die zusätzliche Gabe oder höhere Dosierung von Angiotensin-Converting-Enzyme(ACE)-Hemmern.

Patienten mit einer Hyponatriämie durch eine Bier-Potomanie und die zu geringe Aufnahme gelöster Stoffe wiederum sprechen sehr schnell auf die intravenöse Gabe von physiologischer Kochsalzlösung und die Wiederaufnahme einer normalen Diät an. Wichtig ist, dass bei Patienten mit Bier-Potomanie durch die begleitende Hypokaliämie, den Alkoholismus und die Mangelernährung sowie durch das hohe Risiko für eine Überkorrektur der Natriumkonzentration im Plasma ein sehr hohes ODS-Risiko besteht.

Entwässerung ist angesagt

Die Entwässerung ist seit langem ein Eckpfeiler der Therapie bei chronischer Hyponatriämie. Die Gabe von NaCl führt bei euhydrierten oder volumenüberladenen Patienten über einen weiteren Anstieg des Gesamtkörpernatriums nur zu einer weiteren Volumenüberladung, ohne das Grundproblem zu lösen. Allerdings ist dazu bei Patienten, die kaum elektrolytfreies Wasser ausscheiden, eine aggressive Trinkmengenreduzierung erforderlich, die für Patienten mit SIADH nur schwer zu ertragen ist, da bei diesen Patienten auch das Durstgefühl inadäquat gesteigert ist. Der UrinPlasma-Quotient der Elektrolyte (Urin [Na+]+[K+]/Plasma [Na+]) kann als schneller Indikator der Ausscheidungsmenge von elektrolytfreiem Wasser herangezogen werden. Bei Patienten mit einem Quotienten > 1 sollte die Trinkmenge aggressiver eingeschränkt werden (< 500 ml/d), solche mit einem Quotienten ~1 sollten nur 500–700 ml/d Flüssigkeit aufnehmen und solche mit einem Quotienten < 1 weniger als 1 l/d.

Bei hypokaliämischen Patienten erhöht der Kaliumersatz die Natriumkonzentration im Plasma, da die Natriumkonzentration im Plasma eine Funktion des austauschbaren Na+ und K+ geteilt durch das Gesamtkörperwasser ist. Folglich kann ein aggressiver Kaliumersatz die Natriumkonzentration im Plasma überkorrigieren, auch wenn keine hypertone Kochsalzlösung gegeben wird. Die Natriumkonzentration im Plasma spricht oft auf eine Erhöhung der Zufuhr gelöster Stoffe mit der Nahrung an, wodurch die Fähigkeit zum Ausscheiden von freiem Wasser verbessert wird; die orale Gabe von Harnstoff- und/oder Salztabletten zu diesem Zweck ist allerdings im Allgemeinen nicht praktikabel und nicht gut verträglich.

Bei Patienten, bei denen die Therapie mit Flüssigkeitsrestriktion, Kaliumersatz und/oder erhöhter Zufuhr gelöster Stoffe wirkungslos bleibt, ist eine medikamentöse Erhöhung der Natriumkonzentration im Plasma indiziert. Viele Patienten mit SIADH sprechen auf eine Kombinationstherapie mit Furosemid 2 × 20 mg/d p.o. (bei Niereninsuffizienz sind oft höhere Dosen erforderlich) und oral verabreichten Salztabletten an. Furosemid hemmt den renalen Gegenstrommechanismus und verringert die Harnkonzentration, während Salztabletten der diuretikabedingten Natriurese entgegenwirken. Demeclocyclin (in Deutschland nicht zugelassen) ist ein potenter Hemmer der Hauptzellen und ist bei Patienten indiziert, deren Natriumspiegel nach Gabe von Furosemid und Salztabletten nicht ansteigen. Da diese Substanz jedoch durch eine exzessive Natriurese und/oder eine direkte renale Toxizität die glomeruläre Filtrationsrate reduzieren kann, sollte sie vor allem nicht bei zirrhotischen Patienten eingesetzt werden, da bei diesen das Risiko für Nierenschäden durch die Substanzakkumulation erhöht ist.

Medikamente

Vasopressinantagonisten (Vaptane) sind hocheffektiv bei der Behandlung des SIADH und der hypervolämischen Hyponatriämie durch Herzinsuffizienz oder Zirrhose und erhöhen durch ihre entwässernde Wirkung (Verstärkung der Clearance von freiem Wasser) zuverlässig die Natriumkonzentration im Plasma. Die meisten dieser Substanzen sind Antagonisten am V2-Vasopressinrezeptor. Derzeit ist Tolvaptan der einzige von der U.S. Food and Drug Administration zugelassene V2-Antagonist zur oralen Gabe und auch in Deutschland zur Behandlung von Erwachsenen mit Hyponatriämie als sekundäre Folge des SIADH zugelassen. Conivaptan, das einzige Vaptan zur intravenösen Gabe, ist ein gemischter V1A/ V2-Antagonist mit einer geringen Gefahr für eine Hypotonie durch die V1A-Rezeptorhemmung (in Europa noch nicht zugelassen). Die Vaptantherapie muss grundsätzlich stationär eingeleitet werden, mit Aufhebung der Flüssigkeitsrestriktion (> 2 l/d) und engmaschiger Überwachung der Natriumkonzentration im Plasma.

Obwohl diese Substanzen zur Behandlung aller Hyponatriämien, außer der hypovolämischen und der akuten Form, zugelassen sind (in Europa nur zur Behandlung bei SIADH, andere Indikationen werden derzeit geprüft), sind die klinischen Indikationen noch unklar. Vermutlich ist das orale Tolvaptan am besten für die Behandlung eines signifikanten und persistierenden SIADH geeignet (z. B. bei kleinzelligem Bronchialkarzinom), das nicht auf Wasserrestriktion und/oder die orale Gabe von Furosemid und Salztabletten angesprochen hat. Unter der Langzeitgabe von Tolvaptan wurden erhöhte Leberwerte (AST- und ALT-Werte) beschrieben. Bei Verdacht auf eine Leberschädigung ist Tolvaptan sofort abzusetzen.

Eine akute Hyponatriämie behandeln vom Arzt

Die Behandlung der akuten symptomatischen Hyponatriämie erfolgt mit hypertoner 3%iger Kochsalzlösung (513 mmol/l), um die Natriumkonzentration im Plasma akut um 1–2 mmol/h und insgesamt um 4–6 mmol/l anzuheben. Meistens reicht diese mäßige Zunahme aus, um die schweren Akutsymptome zu lindern. Anschließend gelten die Korrekturvorgaben für die „chronische“ Hyponatriämie (siehe unten). Zur Abschätzung der erforderlichen Menge an hypertoner Kochsalzlösung wurden zahlreiche Gleichungen entwickelt. Traditionell wird erst der Natriummangel berechnet (Na+-Defizit = 0,6 × Körpergewicht × [Zielnatriumkonzentration im Plasma − Ausgangsnatriumkonzentration im Plasma]) und anschließend die erforderliche Korrekturrate. Unabhängig vom Verfahren zur Berechnung der Korrekturrate lässt sich die Zunahme der Natriumkonzentration im Plasma bei der Behandlung mit hypertoner Kochsalzlösung durch die raschen Veränderungen der zugrunde liegenden Physiologie oft nur sehr schwer vorhersagen. Daher sollte die Natriumkonzentration im Plasma während der Behandlung alle 2–4 Stunden bestimmt und die Therapie entsprechend angepasst werden.

Die unterstützende Sauerstoffgabe und Beatmung ist bei Patienten mit akuter Hyponatriämie wichtig, die ein akutes Lungenödem oder eine hyperkapnische respiratorische Insuffizienz entwickeln. Zur Behandlung des akuten Lungenödems werden intravenös Schleifendiuretika verabreicht, die gleichzeitig die Ausscheidung von freiem Wasser fördern, da sie das renale Gegenstrommultiplikationssystem stören. Vasopressinantagonistenn sind für die Behandlung der akuten Hyponatriämie nicht zugelassen.

Eine chronische Hyponatriämie behandeln vom Arzt

Bei chronischer Hyponatriämie sollte die Korrekturrate vergleichsweise geringer ausfallen (< 8–10 mmol/l in den ersten 24 h und < 18 mmol/l in den ersten 48 h), um ein osmotisches Demyelinisierungssyndrom (ODS) zu vermeiden. Bei einem erhöhten ODS-Risiko, z. B. bei Patienten mit Alkoholismus oder Hypokaliämie, sollte die Rate geringer gewählt werden. Zur Überkorrektur der Natriumkonzentration im Plasma kann es bei rascher Normalisierung der ADH-Spiegel kommen, beispielsweise nach der Behandlung einer chronischen hypovolämischen Hyponatriämie mit intravenöser Kochsalzlösung oder nach Glukokortikoidersatz bei Hypopituitarismus und sekundärer Nebenniereninsuffizienz. Etwa 10 % der mit Vaptanen behandelten Patienten werden überkorrigiert, ein noch höheres Risiko besteht, wenn die Wasserzufuhr weiterhin eingeschränkt wird.

Bei einer Überkorrektur der Natriumkonzentration im Plasma nach der Behandlung mit hypertoner Kochsalzlösung, physiologischer Kochsalzlösung oder einem Vaptan lässt sich durch den Vasopressinagonisten Desmopressinacetat (DDAVP) und/oder die Gabe von freiem Wasser (meist intravenös als Glukose 5 %) auf sicherem Wege eine Hyponatriämie wiederherstellen oder stabilisieren; Ziel ist es, ein ODS zu verhindern oder rückgängig zu machen. Alternativ erhalten Patienten mit ausgeprägter Hyponatriämie ergänzend zur hypertonen Kochsalzlösung initial zweimal täglich DDAVP, um die Bioaktivität von AVP konstant zu halten. Dadurch wird das Serumnatrium langsamer und kontrollierter reduziert und das Risiko einer Überkorrektur verringert.

Was ist eine Hypovolämische Hyponatriämie?

Eine Hypovolämie führt zu einer deutlichen neurohumoralen Aktivierung mit Erhöhung der zirkulierenden ADH-Spiegel. Diese Zunahme der ADH-Konzentration im Blut trägt über vaskuläre und Barorezeptor-V1A-Rezeptoren und eine vermehrte Wasserreabsorption über renale V2-Rezeptoren zur Aufrechterhaltung des Blutdrucks bei.

Die Aktivierung der V2-Rezeptoren kann bei vermehrter Zufuhr von freiem Wasser zu einer Hyponatriämie führen. Zu den nicht renalen Ursachen der hypovolämischen Hyponatriämie gehören gastrointestinale (GIT) Verluste von NaCl und Wasser (Erbrechen, Durchfall, Sondendrainage usw.) und die Perspiratio insensibilis (Schwitzen, Verbrennungen) bei unzureichender oraler Zufuhr. Der Natriumgehalt des Urins beträgt typischerweise weniger als 20 mmol. Wichtig ist, dass diese Patienten klinisch häufig euvolämisch sind und nur die verringerte Natriumkonzentration im Urin auf die Ursache ihrer Hyponatriämie hinweist. Eine Natriumkonzentration von weniger als 20 mmol im Urin ohne begleitende Ursache einer hypervolämischen Hyponatriämie lässt bei Zufuhr isotonischer Kochsalzlösung einen raschen Anstieg der Natriumkonzentration im Plasma erwarten, da die Volumenzufuhr in diesem Fall duch Senken der ADH-Konzentration im Blut eine Wasserdiurese einleitet.

Diagnostisches Vorgehen bei Hyponatriämie

Allen renalen Ursachen der hypovolämische Hyponatriämie ist ein zu hoher NaCl-Verlust mit dem Urin gemein, der zu Volumenverlust und Erhöhung der ADH-Spiegel im Blut führt. Die Natriumkonzentration im Urin liegt normalerweise über 20 mmol. Bei der primären Nebenniereninsuffizienz und anderen Ursachen des Hypoaldosteronismus führen ein peripherer Mangel von Aldosteron und/oder dessen unzureichende Nierenwirkung zur Hyponatriämie. Diese Diagnose ist bei einem Patienten mit Hyperkaliämie und Hyponatriämie, Hypotonie und/oder Hypovolämie sowie hoher Natriumkonzentration im Urin (weit über 20 mmol/l) hoch wahrscheinlich. Eine Salzverlustnephropathie kann bei reduzierter Natriumzufuhr durch die Funktionsstörung der renalen Tubuli zur Hyponatriämie führen; typische Ursachen sind eine Refluxnephropathie, interstitielle Nephropathien, eine postobstruktive Uropathie, die medulläre Zystennierenerkrankung sowie die Erholungsphase der akuten Tubulusnekrose.

Thiazide führen über zahlreiche Mechanismen zu einer Hyponatriämie, wie Polydipsie und diuretikabedingten Volumenmangel. Wichtig ist, dass die Thiaziddiuretika die renalen Konzentrationsmechanismen nicht hemmen, sodass sich das zirkulierende ADH maximal auf die renale Wasserretention auswirken kann. Im Gegensatz dazu hemmen Schleifendiuretika, die seltener zur Hyponatriämie führen, die Resorption von Na+-Cl– und K+ im dicken aufsteigenden Schenkel der Henle-Schleife, schwächen den Gegenstrommechanismus ab und hindern die Niere daran, den Urin zu konzentrieren. Auch die vermehrte Ausscheidung eines osmotisch aktiven, nicht oder schlecht resorbierbaren gelösten Stoffes kann zu Volumenmangel und Hyponatriämie führen. Wichtige Ursachen sind die Glykosurie, die Ketonurie (z. B. bei Hunger sowie bei diabetischer oder alkoholischer Ketoazidose) und Bikarbonaturie (z. B. bei renal-tubulärer Azidose oder metabolischer Alkalose, bei der es durch die assoziierte Bikartbonaturie zum Verlust von Natrium kommt).

Schließlich ist als seltene Ursache der hypovolämischen Hyponatriämie das „zerebrale Salzverlustsyndrom“ zu nennen, bei dem es im Rahmen von intrakraniellen Krankheiten zu einer Hyponatriämie mit klinischer Hypovolämie und inadäquater Natriurese kommt. Mögliche auslösende Krankheiten sind beispielsweise Subarachnoidalblutungen, traumatische Hirnschäden, Kraniotomien, Enzephalitiden und Meningitiden. Wichtig ist die Abgrenzung gegenüber dem häufigeren Syndrom der inadäquaten Antidiurese (SIADH), da das zerebrale Salzverlustsyndrom normalerweise auf einen aggressiven NaClErsatz anspricht.



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Autoren & Experten:
Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Berlin. Facharzt Innere Medizin & Kardiologie, Lebenszeitprofessor i.R. der Charité Berlin. Geschäftsführender Vorstand der Berlin- brandenburgischen Gesellschaft für Herz- und Kreislauferkrankungen e.V.
Journalist: Horst K. Berghäuser


Literatur, Quellen und Verweise:
Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin
Thieme Verlag
Praktische Labordiagnostik - Lehrbuch zur Laboratoriumsmedizin, klinischen Chemie und Hämatologie
Grönemeyers Buch der Gesundheit
Hallesche Krankenversicherung

Update: Letzte Änderungen auf dieser Seite fanden am 8.11.2024 statt.