Wir haben diesen Beitrag im laufenden Monat überprüft und die Beschreibungen teilweise aktualisiert.
Unsere Empfehlungen sind nach wie vor auf dem neuesten Stand. Letztes Updated am 15. Mai 2020
Was bei Frauen und Herzinfarkt anders ist
Kardiologie: Frauen rechnen nicht mit einem Infarkt. Doch es passiert häufiger als gedacht. Patientinnen hilft eine spezielle Reha.
Als Ronny Bauer den Rettungswagen für seine Frau Marlene rufen wollte, wehrte sie ab und sagte: „Nein, so schlimm ist das nicht.“ Dabei spürte die 56-jährige Friseurmeisterin aus Moosthenning (Niederbayern) schon seit mehreren Wochen ein Brennen am Brustbein, das sich verstärkte, sobald sie morgens joggte. Den unangenehmen Schmerz schob sie auf ihre große Oberweite. „Fürs Laufen presste ich meinen Busen in einen knappen BH, damit er nicht so wippt und wehtut.“
Jetzt aber brannte es wie Feuer. „Der Schmerz war so stark, dass ich mich kaum mehr zu atmen traute.“ Trotzdem wusch sie sich erst noch die Haare, bevor ihr Mann sie nachts ins nächste Krankenhaus fuhr.
Gefährliche Fehleinschätzung beim Frauen Herzinfarkt
„Brustschmerzen projizieren Frauen meist auf ihren Busen, nicht aber auf ihr Herz. Sie denken dabei nicht an einen Infarkt“, so Professor Hans Strassmann von der Technischen Universität in Oldenburg. Der ärztliche Direktor des Herzzentrums weiß, dass Frauen oft zu spät in eine Praxis gehen, weil sie die Anzeichen wie Übelkeit und Erbrechen falsch einschätzen und länger zögern, bevor sie Hilfe suchen. „Erschwerend kommt hinzu, dass der Arzt die Symptome oft nicht gleich als Notfall registriert.“
Frauen haben also immer noch die schlechteren Karten, bis sie endlich in der Notaufnahme eines Krankenhauses landen. Jährlich werden in Deutschland etwa 222.600 Frauen und rund doppelt so viele Männer wegen einer „ischämischen Herzkrankheit“ stationär behandelt. Und immer noch sterben relativ gesehen mehr Frauen als Männer an dieser Erkrankung – 43 Prozent gegenüber 37 Prozent.
„Frauen wissen nicht, dass bei den unter 65-Jährigen mehr von ihnen an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung sterben als an Brustkrebs“, sagt Professorin Ursula Härtel von der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
Marlene Bauer hatte Glück mit ihrem Hinterwandinfarkt. Bei einer Herzkatheter-Untersuchung setzten ihr die Ärzte zwei Stents ein Die kleinen Metallgitter sollen die verengten Gefäße offen halten. „Ich habe zugeschaut: Die langen in mein Herz hinein und reparieren es – einfach phänomenal.“
Todesursache | Anzahl1 | Anteil in % |
---|---|---|
Chronische ischämische Herzkrankheit | 37 190 | 7,8 |
Herzinsuffizienz (Herzschwäche, Herzmuskelschwäche) | 29 795 | 6,3 |
Nicht näher bezeichnete Demenz | 22 043 | 4,6 |
Akuter Myokardinfarkt (Herzinfarkt) | 21 375 | 4,5 |
Bösartige Neubildung der Brustdrüse (Brustdrüsenkrebs (Mamma)) | 18 136 | 3,8 |
Hypertensive Herzkrankheit | 18 043 | 3,8 |
Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge (Lungen- und Bronchialkrebs) | 15 870 | 3,3 |
Sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit | 13 773 | 2,9 |
Vorhofflattern und Vorhofflimmern | 12 748 | 2,7 |
Schlaganfall, nicht als Blutung oder Infarkt bezeichnet | 9 820 | 2,1 |
1 Ohne Totgeborene und ohne gerichtliche Todeserklärungen. |
Eine Frage des Geschlechts
Dennoch sitzt der Schock über die schwere Erkrankung tief: „Hätte ich das nicht merken müssen? Bisher dachte ich. wer einen Herzinfarkt bekommt. ist dick, hat Typ-2-Diabetes und raucht. Auf mich trifft das alles nicht zu.“ Tatsächlich spielen solche Risikofaktoren neben Bluthochdruck, mangelnder körperlicher Bewegung, falscher Ernährung und psychosozialem Stress eine Rolle.
Dabei bestehen in fast jedem Stadium der koronaren Herzkrankheit Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Die Wissenschaftlerin Härtel erläutert: „So scheint Zigarettenrauch bei Frauen noch schädlicher zu wirken als bei Männern.“ Wer weiblich ist und an einem Typ-2-Diabetes leidet, hat zudem ein vier- bis sechsfach erhöhte geschlechtsspezifische Unterschiede. Während Männer nach der Behandlung im Krankenhaus möglichst schnell wieder gesund und körperlich fit sein wollen, wünschen sich Frauen, dass sie im Alltag mehr entlastet und emotional unterstützt werden. Auch sind sie zu Beginn ihrer Reha in schlechterer körperlicher Verfassung und haben mehr chronische Krankheiten als gleichaltrige Männer. „Frauen sind viel unsicherer, trauen sich beispielsweise bei sportlichen Aktivitäten zu wenig zu, während sich Männer eher überschätzen“, fand die Expertin Härtel heraus. Da liegt es nahe, dass Frauen ein anderes Aufbauprogramm brauchen.
Frauen brauchen bei einem Herzinfarkt eine spezielle Therapie
Während einer zehnjährigen Studie in der Klinik Höhenried, gefördert durch die Deutsche Rentenversicherung Bayern, zeigte das Team um Härtel, dass Frauen von einer speziell auf sie zugeschnittenen Therapie noch viele Jahre später profitieren. Sie haben beispielsweise andere Vorlieben, was Sport betrifft. „Wettkämpfe sind nicht besonders beliebt, weil es dabei ständig um das Messen der Leistung geht“, sagt Härtel. Ein Sportprogramm mit Musik und Spaß bringt viel mehr, ebenso ein reger Austausch. „Frauen in einer Gruppe unterstützen sich gegenseitig stärker“, sagt Josefine Biber. „Egal ob in der Bewegungs- und Ernährungstherapie oder in der psychologischen Betreuung.“
Bei der Behandlung in der Frauengruppe ging es schwerpunktmäßig auch darum, das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen der Frauen – Psychologen sprechen von „Selbstwirksamkeit“ -zu stärken. „Viele von ihnen müssen erst das Neinsagen lernen und sich mal um sich selbst kümmern“, sagt die Psychologin Dagmar Weller.
Tatsächlich weisen die Ergebnisse deutliche Verbesserungen in unterschiedlichen Bereichen auf: Teilnehmerinnen der Frauengruppe nahmen nach der Reha häufiger an einem Herzsport Training teil als die aus der Kontrollgruppe. Auch wussten sie besser über ihre Risikofaktoren Bescheid. Aufgrund der gezielten Ernährungsberatung orientierten sie sich später öfter an dem. was sie gelernt hatten.
Dabei geht es etwa um Frustessen und (Gewichtszunahme in den Wechseljahren. Zudem diskutieren sie in den Kursen, wie Mütter sich nach dem Infarkt um ihre Kinder kümmern können, ohne sich selbst und ihren neuen Lebensstil zu vernachlässigen. Da das Programm bereits zur Routineversorgung gehört, liegen inzwischen Informationen von rund 1500 Patientinnen nach einem Herzinfarkt vor. Ein weiteres interessantes Ergebnis: Für Männer sind gemischt- geschlechtliche Gruppen günstiger.
Nach drei Wochen Reha fühlt sichMarlene Bauer wieder fit: .Ich muss das Herz jetzt besser trainieren. Da ist es gut. dass ich meine Belastungsgrenze genau kenne. “
© Quelle: https://www.apotheken-umschau.de/
Ständig neue Beiträge
Wir bieten hier fachlich geprüfte Gesundheitsinformationen, die in allgemein verständlicher Sprache verfasst sind. Wir zeigen ausführliche Informationen zu Blutwerten, Laborwerten und beschreiben Krankheiten und deren Symptome, teils gibt es auch Therapiemöglichkeiten. Die textlichen und grafischen Inhalte dieses Portals werden ständig erweitert, sodass Sie hier und auf unserer Facebook Seite viele Gesundheitsinformationen finden.
• Unsere redaktionelle Qualitätssicherung • Beratung und Hilfe